Rezension: ‘Kleiner Mann – was nun?’ von den Münchner Kammerspielen
Zuweilen hat man dazu keine Lust: Muss ich wieder vier Stunden Theater ansehen, wieder auf diesen furchtbaren Stühlen des Hauses der Berliner Festspiele sitzen? Allerdings diesmal wird die Ausdauer belohnt.
Kleiner Mann – was nun? ist ein außerhalb Deutschlands kaum bekannter Roman (von Hans Fallada) über die Krise der 30er Jahre. Der ‘kleine Mann’ des Titels ist Johannes Pinneberg, der Angst hat seine einfache Stelle zu verlieren, gerade jetzt wo er für seine schwangere Frau Emma (“Lämmchen” genannt) sorgen muss. Die Geschichte des Paars hangelt sich entlang Anstellung und Arbeitslosigkeit, Hoffnung und Verzweiflung, und führt von der Kleinstadt nach Berlin, und in dieser Inszenierung leider auch entlang überflüssige Figuren und Episoden.
Die Bühne ist ganz leer, bis auf ein Orchestrion: ein großes, mechanisches Musikinstrument, ähnlich einer Drehorgel, aber mit Klavier, Glockenspiel und Triangel. Mathis B. Nitschke schrieb eine neue Partitur für diesen besonderen Apparat, bald die Stimmung eines Jahrmarkts erzeugend, bald eine ganz eigene Magie herbeizaubernd, verstärkt von projizierten Schwarz-weißbildern aus dem Film ‘Berlin, Sinfonie einer Großstadt’.
Die Vorstellung von Regisseur Luk Perceval dauert lange, ist manchmal ein bisschen langweilig, aber in der letzte Stunde kommt dennoch alles zusammen. Durch seine Arbeitslosigkeit ist Pinneberg wie gelähmt, ein armer Slucker, der von der Polizei aus der Friedrichstraße fortgejagt wird. Er gehört nicht länger zu den normalen Menschen. Und zu Hause wartet Lämmchen. Ihrer beider Liebe ist das einzige, was ihnen noch helfen kann.
Die Heimkehr Pinnebergs zu Lämmchen ist so wunderbar gespield, wie man es selten erlebt im Theater. Paul Herwig und Annette Paulmann brauchen nur ein Minimum an Empfindungen um die große Tragödie ihrer Zuneigung in einer gleichgültigen Welt zu zeigen. Großartiges, zu Herzen gehendes Theater.